Cannabispflanze bei chronischen Schmerzen: Praxis, Potenzial, Perspektiven

Erstellt am:23.09.2025- Zuletzt aktualisiert:23.09.2025

Chronische Schmerzen betreffen rund 20 % der Bevölkerung und sind oft mit herkömmlichen Medikamenten schwer behandelbar. Die Cannabispflanze, insbesondere medizinisches Cannabis mit THC und CBD, ist laut aktuellen Studien eine Ergänzung zur klassischen Schmerztherapie – besonders bei therapieresistenten Beschwerden. Die Entscheidung für eine Cannabistherapie sollte immer fachärztlich begleitet werden.

Cannabispflanze in der Natur, die für die medizinische Cannabistherapie bei Schmerzen steht.

  1. Chronische Schmerzen sind langanhaltend und schwer behandelbar.
  2. Medizinisches Cannabis ist eine Therapiemöglichkeit, wenn klassische Medikamente versagen.
  3. THC wirkt vor allem schmerzlindernd, CBD eher ergänzend und bei Entzündungen.
  4. Die Wirkung ist besonders bei neuropathischen und rheumatischen Schmerzen nachgewiesen.
  5. Nebenwirkungen und die individuelle Reaktion machen eine fachärztliche Kontrolle nötig.
  6. CBD allein ist klinisch bislang wenig wirksam gegen starke Schmerzen.
  7. Ziel der Therapie ist Lebensqualität und Schmerzreduktion, nicht die vollständige Schmerzfreiheit.

Problem: Chronische Schmerzen – eine enorme Belastung

Chronische Schmerzen dauern mindestens drei Monate und sind oft diffuse, quälende Beschwerden, die das Leben stark einschränken. Ursachen sind u. a. Nervenschädigungen, Entzündungen, Rückenleiden oder rheumatische Erkrankungen. Für viele Betroffene ist die alltägliche Bewältigung ohne wirksame Therapie kaum möglich.

Relevanz: Wann ist die Cannabispflanze eine Option?

Medizinisches Cannabis kommt meist dann zum Einsatz, wenn klassische Schmerzmittel versagen oder starke Nebenwirkungen auftreten. Seit der Gesetzesänderung dürfen Fachärzte medizinische Cannabispräparate auf Rezept verschreiben, besonders als Extrakte oder Cannabisblüte, abhängig von der individuellen Diagnose und der Schwere der Beschwerden. Wichtig: Nicht jeder profitiert gleich gut – entscheidend ist eine sorgfältige ärztliche Auswahl und Kontrolle.

Wissenschaftlicher Kontext: So wirkt die Cannabispflanze bei Schmerzen

THC und CBD – die wichtigsten Wirkstoffe

  • THC (Tetrahydrocannabinol) ist das bedeutendste schmerzlindernde Cannabinoid. Es beeinflusst das Schmerzempfinden, kann die Schmerzweiterleitung im Nervensystem hemmen und sorgt oft für eine spürbare Entlastung – besonders bei neuropathischen Schmerzen.
  • CBD (Cannabidiol) wirkt entzündungshemmend und angstlösend. Einzelstudien zeigen, dass CBD vor allem als Zusatz zu THC die Gesamteffekte verstärkt. Allerdings ist die reine Wirksamkeit von CBD als Schmerzmittel in hochwertigen Studien bisher nicht eindeutig bewiesen.

Wie und wann wirkt medizinisches Cannabis?

  • Viele Patient:innen berichten von einer Linderung der Beschwerden bei chronischen Schmerzen durch eine auf sie abgestimmte Cannabistherapie.
  • Analgetische Effekte sind besonders stark bei neuropathischen Schmerzen und schwer behandelbaren chronischen Erkrankungen.
  • Die Kombination aus THC und CBD sorgt für einen sogenannten „Entourage-Effekt“ – also eine verstärkte Wirkung im Zusammenspiel.

Grenzen und Nebenwirkungen

  • Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel oder Unwohlsein treten häufiger auf.
  • THC-reiche Präparate sind ausschließlich für schwerste, therapieresistente chronische Schmerzen vorgesehen.
  • CBD allein konnte in aktuellen Placebo-kontrollierten Studien keine stärkere Wirkung als ein Placebo zeigen.
  • Eine vollständige Schmerzfreiheit gilt als selten, meist steht eine Verbesserung der Lebensqualität im Fokus.

Anwendung: Therapie mit der Cannabispflanze

  • Medizinisches Cannabis wird als Extrakt, Kapsel oder Cannabisblüte eingesetzt – individuell nach ärztlicher Indikation.
  • Die Behandlung erfolgt meist unter strenger Kontrolle und mit regelmäßigen Kontrollen der Wirkung und Nebenwirkungen.
  • Ziel ist eine mittelfristige Verringerung der Schmerzintensität – und häufig eine bessere Schlafqualität.

Ausblick/Fazit: Wichtige Perspektiven bei chronischen Schmerzen

Die Cannabispflanze eröffnet gerade bei austherapierten Patient:innen neue Behandlungsoptionen. Studien weisen auf eine moderate, aber spürbare Schmerzlinderung bei chronisch neurologischen und rheumatischen Schmerzen hin. Die Entscheidung für medizinisches Cannabis sollte individuell und gemeinsam mit spezialisierten Ärzt:innen getroffen werden. Für viele bedeutet die Therapie ein Stück zurückgewonnene Lebensqualität – aber jede Behandlung braucht Kontrolle, Geduld und einen ganzheitlichen Ansatz.

Quellen:

  1. Sana-Klinik München: Cannabis bei chronischen Schmerzen, 2025.
  2. Canifyclinics.com: Medizinisches Cannabis als Hoffnung bei chronischen Beschwerden, 2025.
  3. Sophie-Green.de: THC-Gehalt und Wirkprofil in der Schmerztherapie, 2025.
  4. Universimed.com: Einsatz von Cannabis und Cannabinoiden bei chronischen Schmerzen, 2025.
  5. MedUni Wien: CBD als Schmerzmittel – Wirksamkeit klinisch nicht nachweisbar, 2023.
  6. Hanfgefluester.de: CBD gegen Schmerzen – Was Studien zeigen, 2025.
  7. Caritas Gesundheit: Cannabis in der Schmerztherapie erklärt, 2023.

Schritt für Schritt zur Cannabistherapie

Wir begleiten Sie dabei, die Therapie mit Medizinalcannabis so einfach wie möglich zu beginnen, damit Ihre Schmerzen schnell gelindert werden. Gehen Sie dazu wie folgt vor:

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Häufig gestellte Fragen

Die häufigsten Nebenwirkungen sind u. a. anfängliche Müdigkeit, Schwindel oder trockener Mund.11 Die meisten Nebenwirkungen treten zu Beginn der Therapie auf und lassen mit der Zeit nach. Durch eine ärztliche Begleitung und individuelle Dosierung können die Nebenwirkungen minimiert werden. Bei Unsicherheiten sprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin.

11. Bar-Lev Schleider L, Mechoulam R, Sikorin I, Naftali T, Novack V. Adherence, Safety, and Effectiveness of Medical Cannabis and Epidemiological Characteristics of the Patient Population: A Prospective Study. Front Med (Lausanne). 2022 Feb 9;9:827849. doi: 10.3389/fmed.2022.827849.

Für neuropathische Schmerzen gibt es bereits gute wissenschaftliche Belege.1,2 Auch bei anderen chronischen Schmerzarten berichten Patient:innen von einer Reduktion der Schmerzintensität und einer Verbesserung der Lebensqualität.3,4,5.

1 Ueberall MA, Essner U, Mueller-Schwefe GH. Effectiveness and tolerability of THC:CBD oromucosal spray as add-on measure in patients with severe chronic pain: analysis of 12-week open-label real-world data provided by the German Pain e-Registry. J Pain Res. 2019;12:1577-1604. Published 2019 May 20. doi:10.2147/JPR.S192174

2 Ueberall MA, Vila Silván C, Essner U, Mueller-Schwefe GHH. Effectiveness, Safety, and Tolerability of Nabiximols Oromucosal Spray vs Typical Oral Long-Acting Opioid Analgesics in Patients with Severe Neuropathic Back Pain: Analysis of 6-Month Real-World Data from the German Pain e-Registry. Pain Med. 2022 Apr 8;23(4):745-760.

3 Aviram J, Lewitus GM, Vysotski Y, et al. Prolonged Medical Cannabis Treatment is Associated With Quality of Life Improvement andReduction of Analgesic Medication Consumption in Chronic Pain Patients. Front Pharmacol. 2021;12:613805. Published 2021 May 19.

4 Safakish R, Ko G, Salimpour V, et al. Medical Cannabis for the Management of Pain and Quality of Life in Chronic Pain Patients: AProspective Observational Study. Pain Med. 2020;21(11):3073-3086.

5 Wang L, Hong PJ, May C, et al. Medical cannabis or cannabinoids for chronic non-cancer and cancer related pain: a systematic review and meta-analysis of randomised clinical trials. BMJ. 2021;374:n1034. Published 2021 Sep 8.

Viele Patient:innen können ihre bisherigen Schmerzmittel unter ärztlicher Begleitung reduzieren oder ganz absetzen.7,8 Eine schrittweise Anpassung in Absprache mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin ist dabei sehr wichtig.

7 Greis A, Renslo B, Wilson-Poe AR, Liu C, Radakrishnan A, Ilyas AM. Medical Cannabis Use Reduces Opioid Prescriptions in PatientsWith Chronic Back Pain. Cureus. 2022;14(1):e21452. Published 2022 Jan 20. doi:10.7759/cureus.21452

8 Lucas P, Boyd S, Milloy MJ, Walsh Z. Cannabis Significantly Reduces the Use of Prescription Opioids and Improves Quality of Life inAuthorized Patients: Results of a Large Prospective Study. Pain Med. 2021;22(3):727-739.

Medizinisches Cannabis hat ein deutlich geringeres Abhängigkeitspotential als Opioide.12 Bei medizinischer Anwendung unter ärztlicher Aufsicht ist das Abhängigkeitsrisiko von Medizinalcannabis gering, da die Dosis und die Verschreibungsmenge sorgfältig von dem/der behandelnden Ärzt:in überwacht werden.

12 Suchthilfe in Deutschland 2023 – Jahresbericht der deutschen Suchthilfestatistik; https://www.suchthilfestatistik.de/fileadmin/user_upload_dshs/05_publikationen/jahresberichte/DSHS_DJ2023_Jahresbericht.pdf (zuletzt aufgerufen am 15.07.2025)

Schmerzmediziner:innen, Neurolog:innen und spezialisierte Ärzt:innen, die bereits viel Erfahrung mit der Therapie gesammelt haben, verschreiben häufig medizinisches Cannabis. Wichtig sind umfassende Unterlagen über bisherige erfolglose Standardtherapien, um die medizinische Notwendigkeit zu belegen.

Medizinisches Cannabis wirkt schmerzlindernd über das körpereigene Endocannabinoidsystem (ECS). Das ECS reguliert die physiologischen Prozesse im Körper und spielt eine Schlüsselrolle bei der Schmerzregulation, Neurogenese und der Immunantwort. Die aktiven Bestandteile von Cannabis wie Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD), binden an die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 im Körper.9,10 Diese Bindung kann die Schmerzwahrnehmung verändern und so schmerzlindernd wirken.

9 Castorena CM, Caron A, Michael NJ, Ahmed NI, Arnold AG, Lee J, Lee C, Limboy C, Tinajero AS, Granier M, Wang S, Horton JD, Holland WL, Lee S, Liu C, Fujikawa T, Elmquist JK. CB1Rs in VMH neurons regulate glucose homeostasis but not body weight. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2021 Jul 1;321(1):E146-E155. doi: 10.1152/ajpendo.00044.2021.

10 Di Marzo V, Piscitelli F. The Endocannabinoid System and its Modulation by Phytocannabinoids. Neurotherapeutics. 2015 Oct;12(4):692-8. doi: 10.1007/s13311-015-0374-6.

Bei Inhalation tritt die Wirkung binnen weniger Minuten ein, bei Ölen und Kapseln nach etwa ein bis zwei Stunden.6 Daher ist bei akuten Schmerzen die Inhalation am besten geeignet.

6 Grotenhermen F. Pharmacokinetics and pharmacodynamics of cannabinoids. Clin Pharmacokinet. 2003;42(4):327-360. doi:10.2165/00003088-200342040-00003