Neue Hoffnung bei chronischen Schmerzen:Erfahrungsbericht eines Schmerztherapeuten

Erstellt am:12.06.2025- Zuletzt aktualisiert:23.07.2025

Chronische Schmerzen stellen für viele Patientinnen und Patienten eine enorme Belastung dar. Sie beeinflussen nicht nur das körperliche Wohlbefinden, sondern auch die Psyche und das soziale Leben. In den letzten Jahren hat sich medizinisches Cannabis als ergänzende Therapie etabliert – besonders dann, wenn herkömmliche Schmerzmittel nicht mehr ausreichen oder starke Nebenwirkungen verursachen. Im folgenden Expertenbericht teile ich meine Erfahrungen aus der interdisziplinären Schmerzpraxis und erläutere, wie medizinisches Cannabis sinnvoll eingesetzt werden kann.

Arzt erklärt älterem mann mit chronischen Schmerzen die Vorteile der Cannabistherapie

  • Chronische Schmerzen beeinflussen Körper, Psyche und soziales Leben.
  • Medizinisches Cannabis wird als Ergänzungstherapie eingesetzt, besonders bei Polypharmazie.
  • THC und CBD wirken auf das Endocannabinoid-System und können Schmerzen, Schlaf und Stimmung verbessern.
  • Viele Patienten berichten von weniger Nebenwirkungen und besserer Lebensqualität.
  • Die Therapie wird individuell angepasst und ärztlich begleitet.
  • Wichtige Themen: Reduktion von Opioiden, rechtliche Rahmenbedingungen, Aufklärung und Akzeptanz.
  • Fazit: Cannabis ist eine wertvolle Ergänzung in der Schmerztherapie, ersetzt aber keine ärztliche Beratung.

Die Herausforderungen chronischer Schmerzen

Chronische Schmerzen sind komplex und betreffen meist mehrere Ebenen des Lebens. Neben den körperlichen Beschwerden leiden viele Betroffene unter Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und sozialem Rückzug. Das bio-psycho-soziale Modell hilft, die Vielschichtigkeit dieser Erkrankung zu verstehen: Neben körperlichen Ursachen spielen auch psychische und soziale Faktoren eine Rolle. Viele Patientinnen und Patienten berichten, dass sie sich durch die Schmerzen zunehmend isoliert fühlen, da alltägliche Aktivitäten wie Spazierengehen oder Treffen mit Freunden kaum noch möglich sind.

Medizinisches Cannabis als Ergänzungstherapie

In meiner Praxis beobachte ich, dass medizinisches Cannabis häufig als Ergänzung zur bestehenden Schmerztherapie eingesetzt wird. Besonders bei Patientinnen und Patienten, die bereits viele Medikamente einnehmen müssen (Polypharmazie), bietet Cannabis die Möglichkeit, die Dosis anderer Schmerzmittel zu reduzieren. Dies kann nicht nur Nebenwirkungen verringern, sondern auch die Lebensqualität deutlich verbessern. Wichtig ist dabei eine individuelle Anpassung der Therapie und eine enge ärztliche Begleitung.

Wirkungsweise und Vorteile von Cannabis bei chronischen Schmerzen

Die enthaltenen Wirkstoffe THC und CBD wirken auf das körpereigene Endocannabinoid-System, das unter anderem die Schmerzempfindung, das Immunsystem und den Schlaf reguliert. Studien zeigen, dass insbesondere Patientinnen und Patienten mit neuropathischen Schmerzen, rheumatischen Erkrankungen oder Fibromyalgie von einer Cannabistherapie profitieren können. Viele berichten über eine spürbare Schmerzlinderung, besseren Schlaf und eine allgemein gesteigerte Lebensfreude.

Reduktion von Nebenwirkungen und Verbesserung der Lebensqualität

Ein großer Vorteil von medizinischem Cannabis ist die Möglichkeit, starke Schmerzmittel wie Opioide zu reduzieren oder sogar abzusetzen. Viele meiner Patientinnen und Patienten berichten, dass sie nach Beginn der Cannabistherapie weniger Verdauungsprobleme, Übelkeit oder Müdigkeit verspüren. Besonders ältere Menschen, die empfindlich auf Nebenwirkungen reagieren, profitieren von dieser Therapieoption. Die Angst vor einer Abhängigkeit ist unbegründet, wenn die Therapie ärztlich begleitet und korrekt dosiert wird.

Individuelle Therapie und rechtliche Rahmenbedingungen

Die Verschreibung von medizinischem Cannabis erfolgt in Deutschland ausschließlich auf ärztliches Rezept und meist nach einer telemedizinischen Beratung. Patientinnen und Patienten sollten sich umfassend informieren und mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin besprechen, ob eine Cannabistherapie für sie geeignet ist. Die Auswahl der Darreichungsform (z. B. Tropfen, Inhalation, Salben) sowie die Dosierung werden individuell festgelegt. Wichtig ist zudem, alle Unterlagen sorgfältig aufzubewahren und die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu beachten – insbesondere im Straßenverkehr.

Häufige Bedenken und Aufklärung

Viele Patientinnen und Patienten äußern anfangs Unsicherheiten – etwa bezüglich der Wirkung, möglicher Nebenwirkungen oder der gesellschaftlichen Akzeptanz. In meiner Praxis lege ich großen Wert auf eine ausführliche Aufklärung: Medizinisches Cannabis ist kein Allheilmittel, kann aber vielen Betroffenen helfen, den Alltag besser zu bewältigen. Die Therapie wird regelmäßig überprüft, um eine optimale Wirkung bei möglichst wenigen Nebenwirkungen zu erzielen.

Erfahrungen aus der Praxis

In den letzten Jahren habe ich zahlreiche positive Rückmeldungen erhalten – sowohl von jüngeren als auch von älteren Patientinnen und Patienten. Viele berichten, dass sie wieder aktiver am Leben teilnehmen, weniger depressiv sind und alltägliche Aktivitäten wie Spazierengehen, Reisen oder Treffen mit Freunden wieder möglich werden. Besonders beeindruckend sind Fälle, in denen Patientinnen und Patienten nach langer Leidenszeit einen deutlichen Gewinn an Lebensqualität erfahren.

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Weitere Informationen zur Cannabistherapie bei anderen Erkrankungen finden Sie auf unseren spezialisierten Seiten zu Multipler Sklerose und chronischen Schmerzen. Wenn Sie Fragen zur Behandlung haben oder eine individuelle Beratung wünschen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular.

Fazit

Medizinisches Cannabis ist eine wertvolle Ergänzung in der Behandlung chronischer Schmerzen. Es kann helfen, die Lebensqualität zu verbessern, Nebenwirkungen anderer Medikamente zu reduzieren und Patientinnen und Patienten wieder mehr Teilhabe am Leben zu ermöglichen. Wichtig ist eine individuelle, ärztlich begleitete Therapie und die Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Bei Unsicherheiten wenden Sie sich bitte an Ihre behandelnde Ärztin oder Ihren Arzt oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine ärztliche Beratung. Die Therapie mit medizinischem Cannabis sollte immer individuell und unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Bei rechtlichen Fragen oder Unsicherheiten wenden Sie sich bitte an Ihre Ärztin/Ihren Arzt oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Quellen

Deutsche Schmerzgesellschaft: Leitlinien zur Schmerztherapie

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Häufig gestellte Fragen

Für neuropathische Schmerzen gibt es bereits gute wissenschaftliche Belege.1,2 Auch bei anderen chronischen Schmerzarten berichten Patient:innen von einer Reduktion der Schmerzintensität und einer Verbesserung der Lebensqualität.3,4,5.

1 Ueberall MA, Essner U, Mueller-Schwefe GH. Effectiveness and tolerability of THC:CBD oromucosal spray as add-on measure in patients with severe chronic pain: analysis of 12-week open-label real-world data provided by the German Pain e-Registry. J Pain Res. 2019;12:1577-1604. Published 2019 May 20. doi:10.2147/JPR.S192174

2 Ueberall MA, Vila Silván C, Essner U, Mueller-Schwefe GHH. Effectiveness, Safety, and Tolerability of Nabiximols Oromucosal Spray vs Typical Oral Long-Acting Opioid Analgesics in Patients with Severe Neuropathic Back Pain: Analysis of 6-Month Real-World Data from the German Pain e-Registry. Pain Med. 2022 Apr 8;23(4):745-760.

3 Aviram J, Lewitus GM, Vysotski Y, et al. Prolonged Medical Cannabis Treatment is Associated With Quality of Life Improvement andReduction of Analgesic Medication Consumption in Chronic Pain Patients. Front Pharmacol. 2021;12:613805. Published 2021 May 19.

4 Safakish R, Ko G, Salimpour V, et al. Medical Cannabis for the Management of Pain and Quality of Life in Chronic Pain Patients: AProspective Observational Study. Pain Med. 2020;21(11):3073-3086.

5 Wang L, Hong PJ, May C, et al. Medical cannabis or cannabinoids for chronic non-cancer and cancer related pain: a systematic review and meta-analysis of randomised clinical trials. BMJ. 2021;374:n1034. Published 2021 Sep 8.

Schmerzmediziner:innen, Neurolog:innen und spezialisierte Ärzt:innen, die bereits viel Erfahrung mit der Therapie gesammelt haben, verschreiben häufig medizinisches Cannabis. Wichtig sind umfassende Unterlagen über bisherige erfolglose Standardtherapien, um die medizinische Notwendigkeit zu belegen.

Medizinisches Cannabis wirkt schmerzlindernd über das körpereigene Endocannabinoidsystem (ECS). Das ECS reguliert die physiologischen Prozesse im Körper und spielt eine Schlüsselrolle bei der Schmerzregulation, Neurogenese und der Immunantwort. Die aktiven Bestandteile von Cannabis wie Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD), binden an die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 im Körper.9,10 Diese Bindung kann die Schmerzwahrnehmung verändern und so schmerzlindernd wirken.

9 Castorena CM, Caron A, Michael NJ, Ahmed NI, Arnold AG, Lee J, Lee C, Limboy C, Tinajero AS, Granier M, Wang S, Horton JD, Holland WL, Lee S, Liu C, Fujikawa T, Elmquist JK. CB1Rs in VMH neurons regulate glucose homeostasis but not body weight. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2021 Jul 1;321(1):E146-E155. doi: 10.1152/ajpendo.00044.2021.

10 Di Marzo V, Piscitelli F. The Endocannabinoid System and its Modulation by Phytocannabinoids. Neurotherapeutics. 2015 Oct;12(4):692-8. doi: 10.1007/s13311-015-0374-6.

Viele Patient:innen können ihre bisherigen Schmerzmittel unter ärztlicher Begleitung reduzieren oder ganz absetzen.7,8 Eine schrittweise Anpassung in Absprache mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin ist dabei sehr wichtig.

7 Greis A, Renslo B, Wilson-Poe AR, Liu C, Radakrishnan A, Ilyas AM. Medical Cannabis Use Reduces Opioid Prescriptions in PatientsWith Chronic Back Pain. Cureus. 2022;14(1):e21452. Published 2022 Jan 20. doi:10.7759/cureus.21452

8 Lucas P, Boyd S, Milloy MJ, Walsh Z. Cannabis Significantly Reduces the Use of Prescription Opioids and Improves Quality of Life inAuthorized Patients: Results of a Large Prospective Study. Pain Med. 2021;22(3):727-739.

Medizinisches Cannabis wirkt schmerzlindernd über das körpereigene Endocannabinoidsystem (ECS). Das ECS reguliert die physiologischen Prozesse im Körper und spielt eine Schlüsselrolle bei der Schmerzregulation, Neurogenese und der Immunantwort. Die aktiven Bestandteile von Cannabis wie Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD), binden an die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 im Körper.9,10 Diese Bindung kann die Schmerzwahrnehmung verändern und so schmerzlindernd wirken.

9 Castorena CM, Caron A, Michael NJ, Ahmed NI, Arnold AG, Lee J, Lee C, Limboy C, Tinajero AS, Granier M, Wang S, Horton JD, Holland WL, Lee S, Liu C, Fujikawa T, Elmquist JK. CB1Rs in VMH neurons regulate glucose homeostasis but not body weight. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2021 Jul 1;321(1):E146-E155. doi: 10.1152/ajpendo.00044.2021.

10 Di Marzo V, Piscitelli F. The Endocannabinoid System and its Modulation by Phytocannabinoids. Neurotherapeutics. 2015 Oct;12(4):692-8. doi: 10.1007/s13311-015-0374-6.

Die häufigsten Nebenwirkungen sind u. a. anfängliche Müdigkeit, Schwindel oder trockener Mund.11 Die meisten Nebenwirkungen treten zu Beginn der Therapie auf und lassen mit der Zeit nach. Durch eine ärztliche Begleitung und individuelle Dosierung können die Nebenwirkungen minimiert werden. Bei Unsicherheiten sprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin.

11. Bar-Lev Schleider L, Mechoulam R, Sikorin I, Naftali T, Novack V. Adherence, Safety, and Effectiveness of Medical Cannabis and Epidemiological Characteristics of the Patient Population: A Prospective Study. Front Med (Lausanne). 2022 Feb 9;9:827849. doi: 10.3389/fmed.2022.827849.