Erstellt am:14.08.2025- Zuletzt aktualisiert:14.08.2025
Monatelang raubten brennende Schmerzen und nächtliche Krämpfe den Schlaf — jede Flasche zu öffnen, jede Taste zu tippen, wurde zur Hürde. Erst als die Standardmedikamente starke Müdigkeit und Denkprobleme verstärkten, kam ein neuer Ansatz ins Spiel: medizinisches Cannabis auf Rezept. Wenige Tropfen am Abend, die ersten durchgeschlafenen Stunden, weniger Krämpfe im Alltag — und ein Stück Lebensqualität kehrte zurück. Diese Erfahrung teilen Menschen mit Polyneuropathie und anderen neuropathischen Schmerzen, wenn konventionelle Therapien nicht ausreichen.
Empfehlungen aus Leitlinien:
Rechtliche Lage seit 2017:
Wissenschaftliche Erkenntnisse:
Formen der Anwendung:
Dosierung:
Behandlungsziele:
Zusatz zur Therapie:
Neuropathische Schmerzen entstehen durch eine Schädigung oder Fehlfunktion von Nerven und zeichnen sich durch Brennen, Stechen, Kribbeln, Stromschlag-ähnliche Schmerzen und Überempfindlichkeit aus. Häufige Ursachen sind Polyneuropathien (z. B. chemo- oder diabetesbedingt), Bandscheiben- oder Nervenverletzungen und Erkrankungen des Nervensystems. Diese Schmerzform spricht oft schlechter auf klassische Schmerzmittel an, weshalb multimodale Konzepte wichtig sind.
Die neurologischen Leitlinien sehen als Erstlinientherapie u. a. Gabapentin oder Pregabalin (Antikonvulsiva) sowie trizyklische Antidepressiva und SNRIs vor. Topische Optionen wie Capsaicin-Pflaster können in definierten Fällen helfen. Cannabisarzneimittel werden in Deutschland für refraktäre, schwerwiegende Fälle erwogen und ergänzen nicht-medikamentöse Verfahren. Diese Struktur hilft, Nutzen und Risiken abgestuft zu prüfen.
Seit März 2017 können Ärzt:innen bei schwerwiegenden Erkrankungen Cannabisarzneimittel verordnen, wenn Standardtherapien nicht ausreichen und eine individuelle Begründung vorliegt. Die Verordnung kann Extrakte, synthetische Cannabinoide oder Cannabisblüten umfassen; Patient:innen nehmen an einer Begleitforschung teil, und die Kostenübernahme durch die Kasse erfordert einen Antrag mit Begründung. Die Auswahl der Darreichungsform berücksichtigt Wirkeintritt, Wirkdauer und Nebenwirkungsprofil.
Cannabinoide wie THC und CBD greifen in das Endocannabinoid-System ein, das Schmerzverarbeitung, Entzündung und Schlaf beeinflusst. Studien zeigen, dass cannabisbasierte Medikamente bei chronischen Schmerzen eine relevante Schmerzreduktion erzielen können, allerdings mit erhöhten zentralnervösen Nebenwirkungen wie Schwindel oder Sedierung. Bei neuropathischen Schmerzen gibt es positive, aber auch gemischte Ergebnisse je nach Substanz, Dosis und Applikationsweg.
Für viele Betroffene ist nicht nur die reine Schmerzintensität entscheidend, sondern auch Schlafqualität, Muskelkrämpfe und Alltagsfunktion. Daten deuten darauf hin, dass Cannabinoide Schmerzen mindern und schlafbezogene Beschwerden verbessern können, wodurch Funktion und Lebensqualität steigen. Fallserien und RCTs bei HIV-assoziierter Neuropathie und diabetischer Neuropathie berichten kurzzeitige, teils dosisabhängige Schmerzlinderung — jeweils mit sorgfältiger Titration, um Nebenwirkungen zu balancieren.
Häufige Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Schwindel, kognitive Beeinträchtigung, Mundtrockenheit, gastrointestinale Beschwerden und Angst/Unruhe, meist dosisabhängig und zu Beginn stärker. Im Vergleich zu Placebo sind zentralnervöse und gastrointestinale Nebenwirkungen häufiger; schwere Ereignisse sind selten, dennoch sind psychische Effekte möglich. Ein strukturiertes Ein- und Austitrieren, Vermeiden von Überdosierung und engmaschige ärztliche Begleitung sind wichtig.
Ärzt:innen können standardisierte Extrakte, synthetische Cannabinoide oder getrocknete Cannabisblüten verordnen. Blüten werden meist mittels Verdampfer inhaliert: schneller Wirkungseintritt, kürzere Dauer, höhere Gefahr psychoaktiver Effekte; in der Schmerztherapie sind planbare, retardierte Effekte häufig erwünscht. Extrakte/Kapseln erlauben genauere Dosierung und langsamere Titration; die individuelle Auswahl richtet sich nach Ziel (z. B. Schlaf), Tageszeit und Verträglichkeit.
Viele Studien sind kurz, haben kleine Stichproben und teils hohe Placeboeffekte; dies erschwert langfristige Aussagen zur Wirksamkeit und Sicherheit. Unterschiede zwischen Indikationen, THC/CBD-Verhältnissen, Applikationswegen und Patientengruppen sind relevant — personalisierte Ansätze gewinnen an Bedeutung, müssen aber besser beforscht werden.
Cannabis auf Rezept ersetzt nicht Physiotherapie, Bewegung, Schmerzpsychotherapie, Schlafhygiene und Arbeitsplatzanpassung — es ergänzt diese Bausteine. Ziel ist eine messbare Verbesserung von Schmerz, Schlaf und Alltag, nicht zwingend völlige Schmerzfreiheit. Ein Abbruch ist sinnvoll, wenn weder Nutzen noch Verträglichkeit bestehen.
Medizinisches Cannabis kann bei chronischen neuropathischen Schmerzen eine Option sein, wenn Leitlinienmedikamente nicht ausreichen oder schlecht vertragen werden. Die Evidenz zeigt eine moderate Wirksamkeit mit relevanten, meist dosisabhängigen Nebenwirkungen, die ärztlich geführt gut handhabbar sind. In Deutschland ist Cannabisblüte oder Extrakt als Cannabis Rezept rechtlich möglich — mit Begründung, Begleitforschung und sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung. Das Ziel: Schmerzen senken, Schlaf stabilisieren, Alltag erleichtern — verantwortungsvoll und eingebettet in ein multimodales Konzept.
Wir begleiten Sie dabei, die Therapie mit Medizinalcannabis so einfach wie möglich zu beginnen, damit Ihre Schmerzen schnell gelindert werden. Gehen Sie dazu wie folgt vor:
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Für neuropathische Schmerzen gibt es bereits gute wissenschaftliche Belege.1,2 Auch bei anderen chronischen Schmerzarten berichten Patient:innen von einer Reduktion der Schmerzintensität und einer Verbesserung der Lebensqualität.3,4,5.
1 Ueberall MA, Essner U, Mueller-Schwefe GH. Effectiveness and tolerability of THC:CBD oromucosal spray as add-on measure in patients with severe chronic pain: analysis of 12-week open-label real-world data provided by the German Pain e-Registry. J Pain Res. 2019;12:1577-1604. Published 2019 May 20. doi:10.2147/JPR.S192174
2 Ueberall MA, Vila Silván C, Essner U, Mueller-Schwefe GHH. Effectiveness, Safety, and Tolerability of Nabiximols Oromucosal Spray vs Typical Oral Long-Acting Opioid Analgesics in Patients with Severe Neuropathic Back Pain: Analysis of 6-Month Real-World Data from the German Pain e-Registry. Pain Med. 2022 Apr 8;23(4):745-760.
3 Aviram J, Lewitus GM, Vysotski Y, et al. Prolonged Medical Cannabis Treatment is Associated With Quality of Life Improvement andReduction of Analgesic Medication Consumption in Chronic Pain Patients. Front Pharmacol. 2021;12:613805. Published 2021 May 19.
4 Safakish R, Ko G, Salimpour V, et al. Medical Cannabis for the Management of Pain and Quality of Life in Chronic Pain Patients: AProspective Observational Study. Pain Med. 2020;21(11):3073-3086.
5 Wang L, Hong PJ, May C, et al. Medical cannabis or cannabinoids for chronic non-cancer and cancer related pain: a systematic review and meta-analysis of randomised clinical trials. BMJ. 2021;374:n1034. Published 2021 Sep 8.
Medizinisches Cannabis hat ein deutlich geringeres Abhängigkeitspotential als Opioide.12 Bei medizinischer Anwendung unter ärztlicher Aufsicht ist das Abhängigkeitsrisiko von Medizinalcannabis gering, da die Dosis und die Verschreibungsmenge sorgfältig von dem/der behandelnden Ärzt:in überwacht werden.
12 Suchthilfe in Deutschland 2023 – Jahresbericht der deutschen Suchthilfestatistik; https://www.suchthilfestatistik.de/fileadmin/user_upload_dshs/05_publikationen/jahresberichte/DSHS_DJ2023_Jahresbericht.pdf (zuletzt aufgerufen am 15.07.2025)
Schmerzmediziner:innen, Neurolog:innen und spezialisierte Ärzt:innen, die bereits viel Erfahrung mit der Therapie gesammelt haben, verschreiben häufig medizinisches Cannabis. Wichtig sind umfassende Unterlagen über bisherige erfolglose Standardtherapien, um die medizinische Notwendigkeit zu belegen.
Bringen Sie Ihr Schmerztagebuch und die Dokumentation Ihrer bisherigen erfolglosen Standarttherapien mit. Zudem ist es hilfreich, wenn Sie Ihre Fragen zur Dosierung und Anwendung vorab notieren.
Die häufigsten Nebenwirkungen sind u. a. anfängliche Müdigkeit, Schwindel oder trockener Mund.11 Die meisten Nebenwirkungen treten zu Beginn der Therapie auf und lassen mit der Zeit nach. Durch eine ärztliche Begleitung und individuelle Dosierung können die Nebenwirkungen minimiert werden. Bei Unsicherheiten sprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin.
11. Bar-Lev Schleider L, Mechoulam R, Sikorin I, Naftali T, Novack V. Adherence, Safety, and Effectiveness of Medical Cannabis and Epidemiological Characteristics of the Patient Population: A Prospective Study. Front Med (Lausanne). 2022 Feb 9;9:827849. doi: 10.3389/fmed.2022.827849.
Für durchgehende Schmerzen ist die orale Anwendung in Form von Ölen oder Kapseln gut geeignet, da sie eine lange Wirkdauer haben. Für Durchbruchschmerzen eignet sich Inhalation, da die Wirkung bereits nach einigen Minuten eintritt.6 Ihr Arzt/Ihre Ärztin berät Sie individuell zur optimalen Darreichungsform.
6 Grotenhermen F. Pharmacokinetics and pharmacodynamics of cannabinoids. Clin Pharmacokinet. 2003;42(4):327-360. doi:10.2165/00003088-200342040-00003
Ihr Arzt kann verschiedene Cannabis-Sorten, Dosierungen oder Darreichungsformen testen. Manchmal dauert es mehrere Wochen, bis die optimale Einstellung gefunden ist.
Medizinisches Cannabis wirkt schmerzlindernd über das körpereigene Endocannabinoidsystem (ECS). Das ECS reguliert die physiologischen Prozesse im Körper und spielt eine Schlüsselrolle bei der Schmerzregulation, Neurogenese und der Immunantwort. Die aktiven Bestandteile von Cannabis wie Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD), binden an die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 im Körper.9,10 Diese Bindung kann die Schmerzwahrnehmung verändern und so schmerzlindernd wirken.
9 Castorena CM, Caron A, Michael NJ, Ahmed NI, Arnold AG, Lee J, Lee C, Limboy C, Tinajero AS, Granier M, Wang S, Horton JD, Holland WL, Lee S, Liu C, Fujikawa T, Elmquist JK. CB1Rs in VMH neurons regulate glucose homeostasis but not body weight. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2021 Jul 1;321(1):E146-E155. doi: 10.1152/ajpendo.00044.2021.
10 Di Marzo V, Piscitelli F. The Endocannabinoid System and its Modulation by Phytocannabinoids. Neurotherapeutics. 2015 Oct;12(4):692-8. doi: 10.1007/s13311-015-0374-6.
Es gibt verschiedene Sorten sowie Darreichungsformen von Medizinalcannabis. Ihr Arzt/ihre Ärztin erstellt einen individuellen Therapieplan für Sie. Auch die Dosierung wird im Therapieverlauf auf sie eingestellt. Daher kann es mehrere Wochen dauern, bis die optimale Einstellung mit der gewünschten Wirkung erreicht ist.